Die in Barmbek errichtete Schule gehörte zu den ersten verwirklichten Bauten eines neuen großstädtischen Schultyps, den Schumacher eigens für die in den zwanziger Jahren entwickelten Baugebiete entwarf. Nach der Schule an der Ahrensburger Straße war in Hamburg jahrelang keine neue Volksschule mehr gebaut worden. Als zum Ende dieses zweiten Jahrzehnts die nach dem Ersten Weltkrieg geborenen geburtenstarken Jahrgänge in die Schulen drängten, reagierte die Oberschulbehörde bis 1933 mit einem Bauprogramm für 15 neue Volksschulen, das völlig neue Bedingungen setzte. Die Reformpädagogen hatten eine Ausweitung des Raumprogramms durchgesetzt, das auch den Elementarschulen verschiedene Fachklassen für den naturwissenschaftlichen Unterricht zubilligte, dazu Werkräume, Gesangsklassen, Gymnastiksäle sowie eine vergrößerte Turnhalle mit Garderoben und Duschen, ferner an ausgewählten Standorten eine Lehrküche und Räume für den schulärztlichen Dienst. Der um 42 Prozent gestiegene Flächenbedarf musste mit Finanzmitteln und Bauplatzgrößen bewältigt werden, die nicht entsprechend mitwuchsen. In seinen Entwürfen versuchte Schumacher daher, konzentrierter und billiger zu bauen. Viele Schulen erhielten fünf Geschosse, und zweibündige Korridore mit Klassen an beiden Seiten wurden eingeführt- mit einschneidenden Folgen für die Architektur: Die Trakte wurden so breit, dass die früher üblichen Steildächer unverhältnismäßig hoch und teuer geworden wären. Flachdächer, die an einigen Schulen als Terrassen für den Freiluftunterricht dienten, wurden in der Folge zur Regel. So habe sich, wie Schumacher 1928 feststellt, allein „aus der strengen Folgerichtigkeit einer sparsamen Lösung des Programms eine architektonische Sprache entwickelt, die den Schultypus charakteristisch zum Ausdruck“ bringe und dabei wandlungsfähig genug sei, die Baumassen abgestimmt auf Bauplatz, Umgebung und Himmelsrichtung zu bewältigen (Schumacher: Schultypus, S. 625). Bei der Schule Adlerstraße bilden der zweibündige Klassentrakt und der Turnhallenbau mit Gymnastiksaal einen stumpfen Winkel, der den Schulhof umfaßt und zugleich den städtebaulichen Abschluss eines nördlich angrenzenden Kirchplatzes darstellt. Den fünfgeschossigen Klassentrakt mit Flachdach überragt ein in den Winkel eingefügter Treppenhausturm. Die innere Ordnung der Klassenzimmer zeigt sich in den regelmäßigen fünfteiligen Fenstergruppen der klinkerverkleideten Fassade. Willem Grimm malte 1930 das Wandbild über dem Turnhallen-Eingang, während Richard Kuöhl den Brunnen unter der Freitreppe schuf.
Abbildung: cc-by-4.0 Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky
273 Volksschule Adlerstraße