Werkbeschreibung

Schumachers bereits in Dresden begonnener Entwurf für die Staatliche Kunstgewerbeschule entstand auf der Grundlage eines von Bauinspektor Albert Erbe im Januar 1908 signierten Entwurfes, in dem die Massenverteilung des später errichteten Komplexes vorweggenommen ist. Die von Schumacher in herausgehobenener Lage an einer Wasserfront (Kuhmühlenteich) platzierte, von weither sichtbare Baugruppe in dunklem Backstein mit Ihren hohen Mannsarddächern sollte sich von den übrigen Schulbauten des Hamburger Staates ausdrücklich durch ein „abweichendes, mehr festliches Gepräge“ abheben. Den Kern bildet eine hufeisenförmige Anlage am Lerchenfeld mit vorgelagertem, durch einen Säulengang von der Straße abgetrennten „Zierhof“, den man durch eine kleinen ovalen Pavillon betritt. Von dort gelangt man in den gelegenen Hauptbau und die hohe Eingangshalle von feierlich-strenger Wirkung, in der ein in Schumachers frühen Villenbauten entwickelter Raumtyp in gesteigerter Form wiederkehrt: eine rechteckige hohe Dielenhalle, die ihr Licht von einer ebenso hohen Fenstergruppe an der Schmalseite erhält. In der zweigeschossigen Halle mit offener Treppenanlage an der Seite ist „das Gerippe der Eisenbetonbauweise“ bewußt sichtbar gelassen, mit an den Obrflächen scharrierten Betonteilen. Die Anordnung der Baukörper auf dem winkelförmigen Grundstück wurde mit ihren Funktionen begründet: Die Lage und Länge des Hufeisenbaus zum Beispiel ermöglichte die Unterbringung vieler Ateliers auf der sonnenabgewandten Rückseite . Die Absonderung des östlich anschließenden Werkstättenflügels hatte den Zweck, die Ateliers und Klassen von Maschinenlärm und Erschütterungen abzuschirmen. Die Forderungen der seit 1900 aktiven Bewegung zur Reform der Kunstschulen bezogen sich vor allem auf einen handwerksnahen praktischen Unterricht. Die Ausstattung des Neubaus am Lerchenfald mit Werkstätten aller Art  (Buchdruckerei, Bildhauerwerkstatt, Atelier für Photographie, Goldschmiede, Töpferei, Handweberei, Tischlerei und andere) galt 1913 als vorbildlich und machte Hamburg damals zu einem bedeutenden Stützpunkt der Reform. An der künstlerischen Ausstattung beteiligten sich die Lehrer der Schule. Richard Luksch schuf die großen Keramikreliefs seitlich des Eingangspavillons, eine Mutter-Kind-Gruppe im Schmuckhof, das Relief über dem Vortragssaal und zwei dekorative Tierfiguren in Steinzeug am Verbindungstrakt. Die grau glasierten Steinzeugplastiken und die Baukeramik waren eine Gemeinschaftsarbeit der Luksch-Klasse. Von Johann Michael Bossard stammten drei figürliche Reliefs für die Rückseite des Schmuckhofs. Willi Titze fertigte das Deckenmosaik des Pavillons, Friedrich Adler den bekrönenden Zapfen. Das Innere wird bestimmt Carl Otto Czeschkas Jugenstilfenster in der Halle und Willy von Beckeraths Wandbildern im Versammlungsraum. Der Bau wurde nach Teilzerstörung im Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt, wobei der westliche Flügel des Hufeisenbaus statt des Mansarddaches ein flaches Staffelgeschoß erhielt. Der völlig erhaltene Eingang mit Zierhof wurde im Sinne einer „Entmonumentalisierung“ in den 1950er Jahren entfernt. Die 1993 an dieser Stelle errichtete Freitreppe mit Arkade aus Beton und Stahl erinnert im Grundriss an die alte Situation  (Entwurf: Bernhard Winking).

 

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Ort
Hamburg-Uhlenhorst, Lerchenfeld 2

Baujahr
1911-13

Auftraggeber
Freie und Hansestadt Hamburg

Quellen
Baubehörde, Bestand Schumacher; Fritz Schumacher: Der neubau der Hamburger Kunstgewerbeschule. In: Die staatliche Kunstgewerbeschule zu Hamburg. Hamburg1913, S. 3-12; Paul Westheim: Der Neubau der Hamburger Kunstgewerbeschule . In: Moderne Bauformen 12 (1914), S. 447-489; Hbg. u .s. Bauten 1914, Bd. 1, S 208-214, Abb. S. 26-28; Hartmut Frank (Hrsg.): Nordlicht. Die Hamburger Hochschule für bildende Künste am Lerchenfeld und ihre Vorgeschichte. Hamburg 1889, vor allem S. 49-72 und 73-88; Fischer: Schumacher, S. 45-47.
Zustand
Werk erhalten
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126 Staatliche Kunstgewerbeschule

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