Der Anlaß für die Planung einer Lotsenstation an der Unterelbe war die projektierte Ausdehnung der Hafenanlagen bis zum Finkenwerder Köhlfleet. Am vorgeschobensten Punkt der neuen Anlagen sollten die Hafenlotsen »einen geeigneten Ausguck haben, um die aufkommenden Schiffe zu erspähen«. Der von der Behörde für Strom-und Hafenbau hinzugezogene Schumacher nutzte die eigentlich technische Bauaufgabe als städtebauliche Marke und machte den Bau zum »ersten Wahrzeichen der Stadt« (Schäfer: Staatsbauten, Bd. 1, S. XVII) und zum »Torwächter, der anzeigt, daß hier der Fluß aufhört und der Hafen beginnt« (Schumacher: Selbstgespräche, S.252). An einen zweieinhalbgeschossigen Mansarddachbau längs zum Ufer, mit Schlaf- und Aufenthaltsräumen für 72 Lotsen und 20 Matrosen, setzte er einen seitlich vorgeschobenen quadratischen Turm mit Strebepfeilern an den Ecken. Den oberen Abschluß bildet eine kupferverkleidete runde Plattform mit aufgetakeltem Mast, der heute durch eine kreisende Radaranlage ersetzt ist. Eine umlaufende Galerie im Erdgeschoß und eine offene Kanzel im obersten Turmgeschoß bieten geschützte Beobachtungsstände für die Lotsenwache. Die runden Zifferblätter der Normaluhr am Turm wurden während Schumachers Kölner Abwesenheit ausgeführt und entsprechen nicht seinem Entwurf, der von hinten beleuchtete Ziffern in runden Löchern vorsah. Schumacher sprach später selbst vom malerischen Charakter dieser »ins Wasser vorgeschobenen Burg«, an der jedoch alles vom Bauprogramm abgeleitet und »zweckbedingt« sei. »Keine ornamentale Zutat ziert den Bau, er wirkt nur durch das Zusammenspiel seiner Klinkerflächen mit Kupferverkleidungen, und die Klinkerflächen sind dunkel gefugt, um der Masse mehr die Wucht des monolithischen Eindrucks zu geben.« (Schumacher: Selbstgespräche, s. u.)
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(1915/16), S. 525-538 über „digital.zlb.de“
(1915/16), S. 525-538 und Abb. 630-644; Schumacher: Selbstgespräche, S. 252f.; Schumacher: Stufen, S. 302; Nicolaisen: Studien, S. 176f.; Fischer: Schumacher, S. 43f.
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